Hommage an Yoga

Die Ausbildung zur Yogalehrerin geht in die letzte Runde und schon um Dezember findet unsere Prüfung statt. Danach darf ich Yoga unterrichten, wenn ich möchte. Ein dreiviertel Jahr voller Begeisterung, Beharrlichkeit, Yogastunden und Philosophie liegt dann hinter mir. Und ich weiß schon jetzt: das war sicher noch nicht alles, was ich dazu wissen möchte. Sich an den jeweiligen Wochenenden raus zu nehmen und sich voll und ganz auf das Thema Yoga zu konzentrieren, werde ich in Retreats oder Workshops auch zukünftig machen. Denn neben der großen Begeisterung und Neugierde war das auch eine Erholung für meinen Geist: Nichts anderes außer Yoga war Thema meines Wochenendes, alles andere rückte in den Hintergrund. Dieser Fokus auf eine einzige Sache, für die ich brenne, klärt nicht nur meinen Geist, sondern möchte ich auch künftig nicht missen. Nun steht die Wiederholung des Erlernten an und ich möchte das auch hier nutzen, um noch einmal für mich und Euch zusammen zu fassen, warum ich Yoga so toll finde. Was begeistert mich daran so? Welche Werte treffen meinen Geschmack? Warum bin ich so begeistert, wenn ich über Yoga rede? Welche Teile der Philosophie sprechen mich besonders an?

Den Blick nach Innen richten

Yoga fordert mich dazu auf, meinen Blick nach Innen zu richten und mich selbst zu hinterfragen. Ich arbeite generell gerne an mir und freue mich über jegliches Wachstum, auch wenn der Weg manchmal steinig ist. Genau das muss er meiner Meinung nach aber auch sein, denn ohne ein wenig Anstrengung wächst man wohl auch nicht. Zumindest nicht so viel, aber schon gar nicht über sich hinaus. Die Theorie beinhaltet einige Tools und Werte, an die man sich heranwagen muss und fertig ist man nie. Persönlichkeitsentwicklung ist In, damit ist man nie fertig. Und Yoga ist wohl eine der ältesten Formen davon. R. Sriram sagt gleich zu Beginn des Buches „Patanjali – das Yogasutra: Während wir hierzulande den Blick nach Außen richteten und damit großes schufen (in den Weltraum fliegen zum Beispiel), schaute man in Indien nach Innen und beschäftigte sich mit sich selbst.“ Beides ist toll, beides hat uns jeweils weiter gebracht. Ich bin aber hier und heute überzeugt, dass manch einer von uns zu viel nach außen schaut und gar nicht nach innen. Ich glaube daran, dass es für uns an der Zeit ist, beides miteinander zu verbinden, um erfolgreich und zufrieden zu sein. Ich muss schließlich wissen wer ich bin und was ich will, um mich auf den Weg dahin zu begeben und erst dann kann ich Träume verwirklichen und Ziele erreichen.

Lerne Dich erst mal kennen

Yoga ist toll, weil es Körper, Geist und Seele vereint. Wir lernen unseren Körper besser kennen, weil wir uns in der Praxis mit ihm beschäftigen, seine Grenzen kennen lernen, sein Wachstum sehen und spüren. Wir lernen unseren Geist besser kennen, weil wir üben, ihn zu zügeln. Weil wir Schritt für Schritt erkennen werden, was uns der Geist so erzählt. Weil wir ihn beim Yoga beobachten – nicht zu verwechseln mit bewerten. Wir versuchen, uns und unseren ganz eigenen Standpunkt nicht zu bewerten, uns nicht zu vergleichen und nicht zu pushen. Wir werden besser darin, den Geist zu zähmen und unsere Gedanken in den Hintergrund treten zu lassen. Und wenn der Geist zur Ruhe gekommen ist, können wir klar sehen und lernen unsere Seele kennen. Wir verbinden Geist und Körper über unseren Atem miteinander und werden ganz. Klingt alles etwas zu tiefsinnig oder esoterisch/spirituell für dich? Ist es auch, aber das schönste ist hier: Du musst nicht alles annehmen. Du nimmst dir heute das, was du vom Yoga brauchst, was dir gefällt und dir vielleicht weiter hilft. Und den Rest lässt du erst mal liegen. Vielleicht reicht dir das so für alle Zeit, vielleicht hast du irgendwann Lust, tiefer einzusteigen. Ganz wie du möchtest. Und genau das finde ich so wundervoll: Yoga zwingt dich in nichts hinein. Er lässt uns sein. Ist liebevoll und sieht unsere Individualität. Möchtest Du nur ein mal die Woche deinen Körper bewegen und magst die Abfolge in der Yoga-Stunde? Super, dann mach das. Brauchst du mehr, willst du irgendwann mehr wissen oder eine tiefere Verbindung zu dir aufbauen? Dann öffne Dich dafür, so weit du magst. Oder eben nicht. Jeder so wie er möchte beginnen wir da wo wir sind, so wie wir sind – schon das allein hält meine Zuneigung zum Yoga aufrecht 🙂

Achtsamkeit

Hierzulande sprechen wir von Yoga und meinen damit oftmals die Gymnastik-angehauchte Sache im Fitnessstudio. Streng genommen ist Yoga aber so viel mehr als nur die körperliche Bewegung.

Yoga findet seinen Ursprung in den grundlegenden philosophischen Systemen Indiens. Es gibt einige Texte und Schriften, die verschiedene Teile und Arten des Yoga beschreiben. Patanjalis Yoga Sutra ist der wohl maßgebendste Leitfaden für alle Zusammenhänge des Yoga. Hier wird auch viel über Theorie und Philosophie gesprochen und was es heißt, sich auf den yogischen Pfad zu begeben. So sind wir nicht nur mit unserem Körper auf diesem Pfad unterwegs, sondern auch mit unserem Geist. Wir bringen unsere Gedanken zu Ruhe und richten unsere Aufmerksamkeit auf unser handeln, sind ganz im Hier und Jetzt. Achtsam beobachten wir unseren Geist und unseren Atem. Und wie so unendlich viele Studien mittlerweile beweisen: Für unsere Psyche ist diese Achtsamkeit das Beste, was man machen kann. Ob wir meditieren, Atemübungen machen oder auch Yoga mit dem Körper praktizieren und dabei Atmung und Bewegung miteinander verbinden – das alles bringt uns Leichtigkeit und Ruhe. Etwas, was wir besonders heute mehr als nur brauchen können.

Aber nicht nur einen Ausgleich brauchen wir mehr denn je. Wir streben heute auch nach Glück und Freiheit. Wir wünschen uns so sehr, dass wir zufrieden sind und auch hier können wir Yoga nutzen. Denn Yoga beschäftigt sich auch – wenn nicht sogar vor allem – mit unserem Inneren: mit Selbstreflexion und unseren Störprogrammen. Unsere erlernten Verhaltensmuster und Glaubenssätze sind oft daran Schuld, dass wir heute unzufrieden sind. Und auch hier gibt es unendlich viele Zeugnisse darüber, dass es sich lohnt, daran zu arbeiten, wenn man leichter und glücklicher sein möchte. Sogar diese Erkenntnisse, die häufig als so modern eingestuft werden, wurde durch Yoga bereits vor Jahrtausenden mit einbezogen. Wenn ich das lese, kann ich es selbst nicht glauben: Wie alt dieses Wissen ist und wie weise und großartig Yoga vor schon so langer Zeit war.

Eines der ältesten Programme für Persönlichkeitsentwicklung

Wir können also an uns arbeiten, wenn wir unzufrieden sind – was viele von uns sind! Zumindest ist das mein stetiger Eindruck. Und Yoga ist das wohl älteste Prinzip der Persönlichkeitsentwicklung, was wir uns zu nutze machen können. Wir beobachten uns selbst, schauen uns unsere Verblendungen und Anhaftungen an, die uns Schwierigkeiten machen. Wir können uns ganz offen ansehen, wie wir sind und welche Verhaltens- und Denkmuster uns antreiben. Diese heißen im Yoga Kleshas und wir lernen, was davon unser Leiden begünstigt, weil wir im Widerstand dazu sind. Wir erkennen, womit wir uns selbst sabortieren und können lernen, künftig besser damit umzugehen. Eines der Kleshas, aus dem alles andere entsteht, ist Avidya. Dabei geht es um unsere Wahrnehmung, denn es ist heute bekannt, dass wir unsere Umgebung nicht neutral wahrnehmen, sondern so wie wir sind. Wie bewerten aufgrund unserer Erfahrungen und Muster. Wenn wir das erkennen und lernen, damit umzugehen, sind wie keine Opfer der Umstände mehr, sondern befreien wir uns von Dingen, die wir nicht brauchen. Und besonders schön: Dabei lernen wir uns mal selbst so richtig gut kennen. Ich kann gar nicht sagen, was ich schon alles über mich gelernt habe und ich glaube, man ist damit auch niemals fertig. Aber so weiß ich heute so viel besser, wer ich bin und was mich antreibt. Was ich möchte und was nicht, was ich gerne tue und worauf ich verzichten kann (und will).

Schlussendlich geht es insgesamt besser, wenn ich nicht versuche, etwas zu vermeiden sondern weiß, wie ich damit umgehen kann. Wenn ich darauf vertrauen kann, dass ich mit allem fertig werde. Was ich dann daraus mache, liegt ganz bei mir! Und das ganze klappt mal gut, mal weniger gut. Mal bin ich auf dem Weg, mal komme ich ein wenig davon ab. Alles okay, ich finde von selbst wieder zurück. Ganz von alleine.

Ein Gedanke zu „Hommage an Yoga

  • 17. November 2022 um 20:23 Uhr
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    Mega, da will ich doch glatt auch mehr Yoga betreiben bei den vielen Vorzügen die sich daraus bieten 🤩 Ein sehr schöner Beitrag!
    Weiter so 👍

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