Hast Du auch schon einmal etwas empfunden und wusstest so gar nicht, wo das auf einmal her kommt? Hattest du ein unangenehmes Gefühl in einer von außen betrachtet wunderschönen Situation? Oder vielleicht auch umgekehrt: die völlige Glückseligkeit in dem vermeintlich unpassendsten Moment? Ich glaube wir alle kennen das und ich denke, es hat viel mit unserer Erwartungshaltung zu tun. Wir hatten uns vor allem was unsere unliebsamen Gefühle betrifft etwas ganz anderes vorgestellt. Wir streben angenehmes, positives an und erhalten manchmal das genaue Gegenteil. Was aber macht es uns manchmal so schwer? Und warum können wir so manches so schlecht wieder gehen lassen und reiten tendenziell darauf herum?
Außen vs. Innen
Ich habe Urlaub und sitze am Strand, blicke auf das wunderschöne glitzernde Meer, die Sonne scheint mir ins Gesicht. Es ist angenehm warm und es weht eine leichte Brise. Die Vögel zwitschern in den Palmen hinter mir und es sollte einfach nur herrlich sein. Ich sollte mich – meiner Meinung nach – glücklich und leicht fühlen. Den Moment voll auskosten, schließlich ist diese Urlaubszeit nur begrenzt. Grade deshalb sollte ich mich doch total dankbar und beglückt fühlen. Tue ich aber nicht. Ich bin mies gelaunt und kann es selber nicht fassen. Ich bin vollkommen genervt, nicht zuletzt von all den Geräuschen der Menschen um mich herum. Jede Kleinigkeit ist mir zu viel, alles empfinde ich als störend. Ich fühle mich quengelig und das bewerte ich zusätzlich als ätzend. Und dass ich auch noch ebenso bewerte und weil mich zu meiner Abwertung passende Gedanken begleiten, gehe ich diese emotionale Treppe immer weiter runter. Meine Stimmung und mein Verstand arbeiten gegeneinander, ich bin absolut nicht im Einklang. Meine innere Minna (so nenne ich meinen inneren Kritiker) feuert am laufenden Band und macht mich fertig: „Wie kannst Du nur so unangemessen empfinden? Was stimmt nicht mit Dir? Du solltest glücklich sein und dich frei fühlen, vor allem weil du nicht unbegrenzt Zeit hast! Du solltest es genießen.“ Und ich möchte das genervt sein so schnell wie möglich los werden, will es weg schieben, von mir weisen. Es soll verschwinden. Aber das tut es nicht. Ich kam bereits mit einem leicht entnervten Gefühl im Urlaub an, was ich dem selbst gemachten Stress und dem Alltag zu Hause, vor allem aber dem Schlafmangel zuschob und mich selbst beruhigte, indem ich mir sagte, dass es morgen sicherlich vorbei wäre – wenn ich erst einmal ausgeschlafen hätte. Seither warte ich den dritten Tag darauf, dass ich mich endlich erleichtert und locker fühle, es ist aber eher schlimmer anstatt besser geworden. Und dabei war ich sogar bereits 2 mal im Gym, um mich abzureagieren. Oftmals hilft das. In diesem Fall erleichtert es mich zwar, aber trotz allem fühle ich mich weiterhin entnervt und allmählich gesellt sich der Zorn zu meiner miesen Laune. Ich bin stink wütend und reagiere auf jede Kleinigkeit mit deutlicher Abwehr und polternder Bewertung. Ich schimpfe vor mich hin – über mich selbst ebenso wie über Kleinigkeiten in meinem Umfeld. Und das macht mich noch wütender – denn ich will verdammt nochmal meinen Urlaub genießen und nicht gegen alles sein, was mich umgibt. Eben dieses Verhalten mag ich an anderen so wenig. Ständiges Urteilen und Abwerten der Umgebung, polternde Kritik ohne jegliches Verständnis. Und als mir das auffällt werde ich noch verzweifelter: Was soll ich bloß machen? Wie kriege ich das weg?
Hausgemachter Druck
In meiner Umschreibung der Gedanken sind die Teile bereits offensichtlich enthalten, mit denen ich es mir selbst so schwer mache – bestimmt haben es einige bereits beim lesen erkannt. „Sollte“ kommt laufend vor, denn ich erwarte von mir ein anderes Verhalten, ein anderes Gefühl und erlaube mir nicht, zu empfinden wie ich nun einmal empfinde. Ich finde es selbst unangemessen und falsch, will mich dagegen wehren und nehme eine Haltung ein, die dem leider eher dienlich ist: Ich verleugne. Aber mit etwas Abstand betrachtet ist es für mich immer sehr einfach, zu erkennen was los ist. Stecke ich mitten drin erkenne ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ich erlaube mir selbst nicht das zu fühlen was eben da ist und vermeide meine Emotion so gut ich kann. Was sie schlussendlich noch viel schlimmer macht. Ich habe das in meiner Therapie gelernt, habe zum erstem mal bemerkt, dass ich es tue. Aber trotz allem ist es ein so verinnerlichtes Verhalten, dass ich mich noch nicht immer dabei erwische. Und durch das „vermeiden wollen“ nehme ich es auch leider tagelang mit – es geschieht also das genaue Gegenteil von dem, was ich mir eigentlich wünsche. Hinzu kommt, dass ich große Angst vor der Ablehnung meines Umfeldes, meiner Freunde und meines Partners habe, wenn ich so drauf bin. Ich habe schon zu Kindheitstagen gelernt, dass ein Sonnenschein freudiger empfangen wird als ein kleiner Griesgram. War ich gut drauf war das natürlich einfacher für Eltern, Erzieher und Lehrer, man hatte es einfacher mit mir und ein freudiges Kind ist deutlich weniger anstrengend als ein laut weinendes.
Ein trauriges oder schreiendes Kind braucht mehr Zuwendung, Trost und Mitgefühl. Es macht auf sich aufmerksam. Viele Eltern meinen es gar nicht böse, wenn sie dem Kind spiegeln, dass es für sie selbst vielleicht anstrengend ist. Sie haben es selbst nicht besser gelernt, wünschen sich mehr Ruhe und Frieden, sind geschafft von der Arbeit und unter ständigem Zeitdruck. Sie haben nicht die nötige Zeit und Ruhe, das eigene Nervenkostüm ist deutlich ausgedünnt. Und diesen Spiegel des Umfeldes, der dem Kind zeigt, ob es strapaziös für die Erziehungsberechtigten oder einfach und gelassen ist, nehmen wir natürlich auch mit in unser Erwachsenen-Dasein. Wir haben noch immer Angst davor abgelehnt zu werden, wenn wir uns irgendwie ungünstig verhalten – wobei ungünstig hier im Auge des jeweiligen Betrachters und im Erlernten liegt. Das hat zumeist auch gar nichts mit unserem heutigen Gegenüber zu tun, wir schauen durch unseren eigenen Filter und glauben eine Reaktion zu bemerken, die ablehnt wie wir grade drauf sind. Das kommt besonders bei sensibleren Menschen vor, die dazu neigen, es allen anderen Recht machen zu wollen. Die vielleicht keine so deutliche Verbindung zu ihren eigenen Bedürfnissen haben.
Verständnis für sich selbst
Wenn wir so agieren, dass wir unser unliebsames Gefühl zu unterdrücken versuchen, bleibt es viel länger bei uns, als es eigentlich sein müsste. Wir selbst sind diejenigen, die das Gefühl nicht loslassen können und es mit schleifen, weil wir uns nicht erlauben es zu fühlen wenn es aufkommt. Wir machen die Schotten dicht, unterdrücken, reißen uns zusammen und vermeiden so gut es geht. Sicherlich ist es in manch einer Situation auch mal hilfreich, das zu können. Erst einmal Luft zu holen und die Situation zu verlassen, um nicht im Affekt auf etwas zu reagieren. Besonders Ärger und Zorn sind beliebte Gefühle, die uns zum Handeln veranlassen. Nicht gleich auf diese Kraft zurück zu greifen und mit dem Verstand zu agieren ist im Berufsleben ebenso wie in zwischenmenschlichen Beziehungen sinnvoll. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Abwägen und Unterdrücken: Ich erkenne beim Abwägen an, dass es so ist, lebe es nur nicht aus. Aber ich wehre mich nicht dagegen, ich finde mein Gefühl richtig in dieser Situation und verstehe, warum ich so empfinde. Beim Unterdrücken zweifle ich meine Emotion an, finde sie falsch und unpassend, verstehe mich selber nicht und will anders sein, anders fühlen. Ich gestehe mir nicht zu, so zu empfinden und kann nicht logisch nachvollziehen, was mich so empfinden lässt.
Was kann ich also tun, um mich selbst besser zu verstehen und mich voll und ganz zu respektieren, mit meinen Gefühlen und schlechter Laune?
Wertschätzung und Respekt
Der Gedanke, sich selbst wertzuschätzen und zu respektieren hilft mir dabei zuvor ungemein, denn ich respektiere die in mein Gegenüber hinein interpretierten Gefühle der eventuellen Ablehnung als Reaktion auf mich mehr, als meine eigenen Emotionen. Rein logisch betrachtet – und Logik hilft mir beim Grübeln über solche Dinge immer sehr – ist es völliger Blödsinn, sich nicht selbst den selben Respekt zu schenken wie beispielsweise seinem Partner. Außerdem ist es ebenso logisch anzuerkennen, dass zum Licht eben auch Schatten gehört und dass ich daran interessiert bin, voll und ganz zu leben. Ekstasische Freude empfinden zu wollen geht eben vielleicht in der Waagschale auch einher mit großer Trauer, entsetzlicher Angst oder heißblütiger Wut. Wenn ich also alles empfinden will und nicht nur auf Sparflamme laufen möchte, muss ich eben auch die Kehrseite des ganzen respektieren. Und dazu gehört, dass ich auch mal mies gelaunt bin – egal wo ich mich grade befinde. Ein weiterer Gedanke dazu hilft mir immer sehr: Was würde ich zu meiner besten Freundin sagen? Denn ich würde sie trösten, versuchen sie zu unterstützen, sie vielleicht aufheitern und ihr beruhigend zusprechen: Dann ist das eben heute so. Meine beste Freundin sagte mir in schlechteren Zeiten, als ich fragte wie lange das so gehen soll: Es dauert so lange wie es dauert. Und ich bin da. Das war für mich so erleichternd, so liebevoll und besänftigend, dass es mir noch heute vor Dankbarkeit die Tränen in die Augen treibt.
Wir können aber noch weiteres tun, um uns selbst zu akzeptieren. Anzuerkennen was ist und es laut auszusprechen hilft dabei schon enorm. Als ich unter größter Überwindung zu meinem Partner sagte: „Ich bin leider sehr schlecht drauf heute, bitte nimm das nicht persönlich. Vielleicht brauche ich heute mehr Freiraum.“, wurde es danach schon viel leichter um mein Herz – denn was hatte ich getan? Ich habe endlich anerkannt, was war. Ich musste alles zusammen reißen, um das zu sagen. Ich steckte so tief in meinem Muster der Unterdrückung ohne es zu merken, dass es sich regelrecht an die Oberfläche kämpfen musste – so sehr wollte ich nicht locker lassen und war dem Zweifeln aufgesessen. Der Druck, keine Zeit dafür zu haben und es nicht wahr haben wollen ließen mich eine extreme Enge spüren, die sofort besser wurde, als ich es sagte. Mein Partner reagierte sehr liebevoll, auch das war dem Loslassen sicher zuträglich.
EFT ist auch eine ganz großartige Sache. Wie der Name schon sagt – emotional freedom technique – wird dabei mit Hilfe von Klopfen eine Emotion gespürt, bis sie abebbt. Ich kenne diese Technik aus der Rise Up and Shine Uni, die ich nur jedem wärmstens empfehlen kann, der sich unter Anleitung mehr mit sich selbst auseinander setzen möchte, um eine Grundlage für ein erfülltes Leben zu schaffen. Laura Malina Seiler hat zu EFT aber auch außerhalb der besagten „Rusu“ wunderbare Videos aufgenommen, um zu zeigen wie das geht: Auf ihrer Website oder auch in ihrer Higher Self App können wir diese Technik mit ihrer Hilfe üben, wenn wir sie brauchen.
Zuletzt ist es auch sehr hilfreich, seine eigenen Endgegner zu kennen – sprich einmal aufzuschreiben welche meiner Emotionen dieses Muster von Unterdrückung besonders begünstigen. Damit sind wir für die Zukunft bestens gewappnet, um uns schneller bei der Unterdrückung zu ertappen. Und vielleicht schaffen wir es so, beim nächsten Mal schneller locker lassen zu können. Vielleicht aber auch nicht. Auch das ist vollkommen okay, wir üben ja noch.