Es gibt solche Tage, an denen ist man so gar nicht im Vertrauen. Im Gegenteil. Ich bin heute eher in einer Art Abwehrhaltung, bin gegen mich und die Welt. Ich wollte eigentlich beginnen, die Zusammenfassung für das Thema Vertrauen zu schreiben. Den ganzen morgen schon quäle ich mich damit, ob ich heute noch etwas schaffen will oder lieber nicht. Ob ich überhaupt kann. Denn ich bin unfassbar genervt. Und ich weiß gar nicht weshalb.
Es ist mal wieder fabelhaftes Wetter, ich habe ein langes freies Wochenende vor mir und es stehen wunderbare Dinge an. Aber ich fühle mich, als wäre irgendwas falsch. Ich bin vollkommen entnervt von all den kleinen Geräuschen um mich – vom Bienensummen bis hin zu Unterhaltungen von Menschen. Ich nerve mich praktisch selbst und je mehr ich versuche mich selbst vom Gegenteil zu überzeugen, desto schlimmer wird es. Also setze ich mich hin, um doch noch einen Artikel zu schreiben – über Vertrauen – und finde leider meine Unterlagen nicht – zumindest nicht vollständig. Das entscheidende Blatt fehlt und ich könnte mir in die Hand beißen,als ich nach 20-maligem Nachsehen und Suchen eingestehen muss, dieses wohl im Garten liegen gelassen zu haben. „Typisch, das kommt davon, dass Du nie richtig bei der Sache bist, immer in Gedanken und dich einfach nicht auf das konzentrierst, was Du grade tatsächlich tust. Selbst Schuld.“ Schaltet sich dann auch prompt mein ziemlich unfreundlich klingender Kritiker ein.
Halt, Moment!!! Wollte ich genau damit nicht aufhören? So mit mir selbst zu sprechen? Mich selbst mit verzogenem Mund zu betrachten und zu denken: Ja bist halt dumm – war ja klar?!? Leichter gesagt als getan. Schließlich bin ich tatsächlich etwas wütend auf mich selbst. Und wenn ich ganz ehrlich bin und tief in mich höre weiß ich auch warum:
Ich habe in den letzten Tagen meine eigenen Bedürfnisse nicht gut beachtet und bin immer wieder – mit meinem Verstand – gegen sie vorgegangen. Ich fühlte mich auf der Arbeit unsicher und überfordert, statt mich aber ernsthaft damit zu beschäftigen, habe mich selbst weg argumentiert. Ich habe bemerkt, dass es mir ein Bedürfnis wäre, offen mit jemandem zu sprechen, was da an diesem Tag lief, um vlt. eine Änderung herbei zu führen – zumindest aber mir und meinen Emotionen Raum zu geben. Stattdessen habe ich mich entschieden, dass es „eh nichts bringt“ und mich lieber geärgert und aufgeregt – mit meinen Kollegen zusammen. Was schlussendlich nur noch mehr Bedauern hinterließ. Ich redete mir statt offen eine Lösung zu suchen selbst ein, dass ich doch dankbar und zufrieden sein sollte mit allem, was der Job gutes bereit hält. Ich schaue in die Welt und denke: Oh man, ich sollte echt mal die Fresse halten. Ich hab es so gut. Ich darf mich gar nicht beklagen. Trotzdem, so oft ich das auch denke, die Wahrheit ist, dass ich zwar auf einer Ebene tatsächlich dankbar, auf einer anderen aber unglücklich bin. Ich wünsche mir mehr Einarbeitung, mehr Wertschätzung und mehr Offenheit untereinander – besonders zwischen der Leitung und dem Service. Und das wünsche ich mir nicht erst seit gestern. Aber immer wieder gerate ich in diesen Strudel voller ablehnender Gefühle, die mich schier mit einer unmotivierten Hoffnungslosigkeit zurück lassen in der Annahme, dass es augenscheinlich kein Schwein interessiert. Und so führt sich der Kreislauf dann selber fort: Ich brauche mehr Ausgleich, weil mehr zu tun ist und mehr Aufgaben verteilt werden. Ich wünsche mir, dass mich jemand Ernst nimmt, tue es aber selber nicht. Und dann möchte ich einen Beitrag über Vertrauen schreiben und darüber, wie wir es stärken und festigen können. Als ich beginnen will schreit mich mein Geist geradezu an: Wie willst Du das rüber bringen, wenn in Dir selbst grade Vertrauen fehlt? Wenn Du eher Misstrauen empfindest, Enge und Schwere?
Und dann geht mir plötzlich auf, dass ich doch vertrauen kann. Und zwar darauf, dass dieser Zustand von selbst wieder vorbei geht. Darauf, dass ich mich wieder anders, wieder besser fühlen werde. Darauf, dass ich nur ein wenig Geduld brauche und bis dahin nichts weiter tun muss, als damit zu sein. Denn ich kann mich bewusst entscheiden, Vertrauensvoll zu sein. Ich kann auf meine Erfahrung zurückgreifen, die bestätigt, dass es so kommt. Und ich kann mich ebenfalls dazu entscheiden darauf zu Vertrauen, dass es einen Sinn hat, wenn ich so drauf bin. Auch wenn ich diesen vielleicht noch nicht sofort erkenne, haben all unsere Emotionen ihre Daseinsberechtigung. Und auch dieses wird mich irgendwo hin bringen, wo ich vorher noch nicht war. Es weist mir den Weg in eine Richtung und auch, wenn der Pfad noch vollkommen unklar ist, so darf ich darauf vertrauen, dass er sichtbar werden wird. Vielleicht werde ich ja besser darin, meine Bedürfnisse zu berücksichtigen. Vielleicht werde ich eine Lösung für die Arbeitsweise finden. Vielleicht kommt eine Erkenntnis und ich kann los lassen. Aber ich bin sicher, irgendwas wird es mir früher oder später bringen. Und das ist auch eine tolle Art, sich für Vertrauen zu entscheiden.
Den angestrebten Artikel schreibe ich also heute nicht. Ich schreibe diesen hier. Und möchte Euch und mir selbst damit offen zeigen, dass es halt manchmal anders kommt als gedacht. Dass wir alle mal nicht im Vertrauen sind. Dass ich es mir manchmal selbst schwer mache und nicht immer alles sonnig ist – auch wenn es so aussieht. Und dass ich mich immer wieder dazu entschließen will, wirklich ehrlich und authentisch mit mir und der Welt zu sein. Dass ich Tag für Tag mehr vertrauen aufbaue, dass ich mich weiter entwickle. Dass ich auf diesem Weg aber auch manchmal langsamer gehe, manchmal falsch abbiege und auch mal einen Schritt rückwärts mache. Ich wünsche mir, dass auch das vollkommen in Ordnung für uns alle ist und nichts, was man verstecken muss. Und ich vertraue darauf, dass es irgendwann für jeden selbstverständlich sein wird.