Die 8 Glieder des yogischen Pfades von Patañjali beschreiben die Übungswege, die wir gehen sollten, um zu einer Einheit aus Körper Geist und Seele zu werden, um Herr*in unseres Geistes zu werden oder gar, um Erleuchtung zu finden. Was auch immer wir als Ziel anstreben, Yoga hilft uns, ein besserer Mensch zu werden – sowohl im Außen als auch im Innen. Yama und Niyama sind 2 Glieder des Pfades, die sich mit unserem Verhalten beschäftigen. Während Yama den Umgang mit Anderen meint, befasst sich Niyama mit dem Umgang mit sich selbst. Eines der Niyamas heißt „Svâdhyâya“ und bedeutet so etwas wie Selbsterforschung oder auch Selbststudium. Doch was möchte dieses Niyama vermitteln? Was beinhaltet diese Selbsterforschung?
Bedeutung
Svâdhyâya wird zumeist zweierlei Bedeutungen zugeschrieben: Einerseits geht es dabei um den inneren Beobachter und darum, sich selbst kennen zu lernen, zu erforschen. Andererseits sollen auch alte philosophische Texte gelesen und studiert werden. Da fragt man sich durchaus: Was haben diese beiden Aspekte miteinander zu tun? Sehen wir sie uns genauer an, ergeben sie durchaus Sinn.
Vogelperspektive
Der innere Beobachter ist für mich ein unglaublich wichtiger Freund geworden: er hilft mir, mich selbst zu reflektieren. Ich habe ihn möglichst immer dabei, er berät mich aus der Vogelperspektive. Er versucht, meine Verhaltensmuster, meine Denkmuster und meine Eigenarten zu beleuchten und zu verstehen – besonders die, die mir selbst am meisten Schwierigkeiten bereiten. Das schöne an diesem guten Freund ist, dass er mich nicht kritisiert. Er bewertet mein Verhalten nicht, er beobachtet nur und versucht mir zu helfen, mich selbst zu verstehen. Und dabei soll es auch bei Svâdhyâya gehen – sich selbst zu verstehen. Bei dieser Beobachtung ist mir schon so einiges Interessantes aufgefallen, wie alte Konditionierungen und Prägungen von früher oder auch Verhaltensmuster, die gar nicht zu mir gehören, sondern die ich mir woanders abgeschaut habe. Meist nutze ich meinen Freund, um eher negatives Verhalten zu beleuchten und er unterstützt mich beim Aufdecken unvorteilhaftem Handelns.
Im Sinne von Svâdhyâya sind aber auch die positiven und neutralen Seite gemeint. Ich richte meinen Blick nach innen, um mich mit mir selbst, meinen Werten, meinen Grenzen, meinen Wünschen und Träumen und auch mit meiner Motivation auseinander zu setzen und vielleicht auch, um den göttlichen Funken zu finden, der in mir wohnt. Es soll auch um das Gute in uns gehen. Natürlich ist es immer gut, sich einmal kritisch nach den Motiven seines Handelns zu fragen. Wenn wir uns aber achtsam uns selbst zuwenden, soll es auch um all das Licht gehen, welches in uns ist. Es soll darum gehen, worauf unser Fokus gerichtet ist und wo unsere Energie hin fließt. Durch das Selbststudium können wir auch Selbstsicherheit erlangen und Selbstwirksamkeit bemerken. Ein Meditationstagebuch kann uns dabei helfen, unsere wiederkehrenden Gedanken kennen zu lernen und zu reflektieren, was uns immer wieder beschäftigt. Journaling ist allgemein ein gutes Instrument, um sich über seine Bedürfnisse, seine Wünsche und generell seine innere Welt bewusster zu werden und sich aktiv mit seinem Geist auseinander zu setzen.
Bezugspunkte
Um aber nicht ausschließlich um sich selbst zu kreisen und im Gedankenkarussell zu versinken, benötigen wir Bezugspunkte, an denen wir uns orientieren können. Wir holen uns Anregungen, an denen wir ansetzen können, um zu reflektieren. Wir studieren also nicht nur uns selbst, sondern auch alte philosophische Texte. Dies können gerne alte Schriften wie das Yogasutra oder auch die Bibel sein. Aber auch inspirierende oder spirituelle Bücher können gelesen werden, um Bezugspunkte außerhalb von sich selbst zu bekommen, an denen man sich orientieren kann. So etwas wie Big 5 for Life von John Strelecky oder Du bist das Placebo von Dr. Joe Dispenza können sicherlich auch einige Inspiration bieten. Ausschlaggebend ist auch hierbei wieder, sich selbst beim Lesen zu beobachten: Wie reagiere ich auf das Gelesene? Was lerne ich aus den Texten und was machen sie mit mir? Was immer die Antworten sind, hier können wir wachsen und uns weiter entwickeln. Sicherlich können auch schwierige Themen auftauchen, vor denen wir uns lieber verschließen möchten. Aber genau hier liegt unser größtes Potenzial zu heilen.