Der Sonnengruß ist eine zentrale und überaus bekannte Abfolge von Haltungen im Yoga. Jeder, der schon einmal Yoga praktiziert hat, kennt den Sonnengruß. Er wird gerne genutzt, um die Stunde zu beginnen und den Körper aufzuwärmen. Von ihm ausgehend werden zahlreiche weitere Sequenzen und Haltungen eingeleitet, er wird gern auch zentral genutzt, um eine Yogastunde um seine Mitte aufzubauen. Es gibt verschiedene Varianten, die praktiziert werden können. Doch was ist der Ursprung dieser dynamischen Âsana-Folge? Was hat es mit dem Sonnengruß auf sich und weshalb wird er so gerne praktiziert?
Dank an den Sonnengott
Auf Sanskrit – der ursprünglichen Sprache des Yoga – heißt der Sonnengruß „Sûrya Namaskâra“. Das Wort Sûrya kann mit Sonne übersetzt werden, bedeutet aber in diesem Zusammenhang noch viel mehr. Sûrya ist ebenfalls die Bezeichnung für den hinduistischen Sonnengott, welcher für Licht und Energie steht. Namaskâra ist ebenso ein Gruß wie Namastè, welcher jedoch mehr Reinheit beinhaltet. Übersetzt bedeutet der Gruß so etwas wie „Ehre sei Dir“ und beschreibt die Ergebenheit gegenüber dem anderen, der so gegrüßt wird. Durch diese Ergebenheit wird der Sonnengruß auch gerne als Sonnengebet gesehen, welches zur Aufgabe hat, den Sonnengott zu ehren – was auch durch die einzelnen Âsanas vermittelt wird. Etwa Uttanasana – die Vorbeuge – vermittelt nach außen auch die bereits erwähnte Demut und ist in dem Sinne einer tiefen Verbeugung gleichzusetzen. Ursprünglich wurde der Sonnengruß früh morgens praktiziert, der aufgehenden Sonne zugewandt. So wurde dem Sûrya für das Licht und das damit verbundene Leben gedankt, welches er schenkt.
Wirkung auf Körper und Geist
Auf körperlicher Ebene hat der Sonnengruß einiges zu bieten. Durch seine fließende Abfolge, welche durch den Atem geleitet wird, wirkt er energetisierend und weckt besonders am frühen Morgen unseren Körper auf. Aber auch zwischendurch – besonders für die Bürohengste und -stuten unter uns – ist der Gruß perfekt, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen und die Wirbelsäule zu mobilisieren. Die Durchblutung wird angeregt und unser Körper wird sanft wieder wach geküsst. Die belebende Wirkung wird durch 12 aufeinanderfolgende Bewegungen freigesetzt: In der Berghaltung startend fließen wir durch diese 12 Âsana, welche von unserem Atem begleitet werden, mehr noch: Unser Atem gibt streng genommen sogar den Ton an und umhüllt die einzelnen Positionen. Keine der Haltungen darf zu Lasten unseres Atems statt finden – wir berücksichtigen also immer auch uns selbst und unsere Individualität. Nicht nur unsere generelle körperliche Fitness spielen hier eine Rolle, sondern ebenfalls unsere Tagesverfassung. Voraussetzung für den Sonnengruß ist es, eine Verbindung zu unserem Körper aufzubauen, ihn zu spüren und zu erforschen. Wir halten Energie bis in unsere Fingerspitzen. Sogar alle Chakren können durch Sûrya Namaskâra angesprochen werden. Auf unseren Geist wirkt das Sonnengebet beruhigend und harmonisierend. Da wir uns auf unsere Atmung und die jeweiligen Haltungen fokussieren kommen wir mehr und mehr zur Ruhe. Unsere Gedanken werden leiser, unsere Konzentration steigt. Außerdem wird das Selbstvertrauen gefordert.
Es gibt die unterschiedlichsten Variationen des Sonnengrußes, er ist der Ausgangspunkt für zahlreiche Yoga-Flows. Einige Yoga-Lehrer nutzen gern Musik, um den Sonnengruß rhythmisch zu untermauern – so entsteht nicht nur ein Flow sondern auch eine harmonische Sequenz.
Ich nutze den Sonnengruß gerne in meiner Morgenroutine, um mich auf meine Meditation vorzubereiten. Mir hilft er, meinen Geist auszurichten und ein wenig zu fokussieren, damit seine Bewegungen danach möglichst zur Ruhe kommen. Dazu reichen meist schon 10-12 Sonnengrüße. Ich beginne gerne sehr langsam und ruhig und steigere dann mein Tempo ein wenig, wenn ich merke, dass sich mein Körper gelockert hat. Besonders morgens ist hier sicherlich größte Achtsamkeit geboten, nicht selten bin ich noch vom Schlaf steif. Aber genau hier – mit liebevoller Rücksicht auf meinen Körper – weckt mich der Sonnengruß ganz sanft.