Was treibt uns Menschen nur immer wieder an, so herrisch zu meckern und polternd zu motzen, dass uns das Gesicht rot und die Halsschlagader dick wird? Wieso sind wir solche Motzkoffer, weshalb verurteilen wir so viel, fühlen uns grundsätzlich eingeschränkt durch anderer Leut’s Verhalten und können Nichts und Niemandes Verhalten nachempfinden außer das eigene?
In Unverständnis gehüllt
Achtung, ihr merkt sicher schon, heute wird es ein wenig stürmischer, etwas lauter und grober. Wie ihr wisst, beschäftigen mich die Themen, die ich hier durchgehe auch immer aktiv selbst und dieses ist Eines, welches immer wieder aufploppt und mich schlichtweg an den Rand der Verzweiflung treibt. Ich wünsche mir mehr Wohlwollen, mehr Mitgefühl und auch einfach eine bessere Kommunikation der eigenen Gefühle in unserer Welt. Ich sehe in meinem Umfeld, auf der Arbeit, nicht zuletzt an mir selbst und auch im Internet: Anstatt zu sagen, was uns verletzt und wie wir uns fühlen, attackieren wir den Anderen, der uns scheinbar mir seinem Verhalten grade enorm einschränkt. Wir machen Vorwürfe, Lästern oder greifen einander an, sind in Unverständnis gehüllt und versuchen gar nicht erst, den anderen und seine Sichtweise zu verstehen und dass er vielleicht gar nicht so gehandelt hat, um UNS damit irgendwie zu kränken sondern einfach SEIN verdammtes Leben so lebt wie er es gern möchte. Grauenvoll, wenn wir alles auf uns beziehen, als wären wir der Nabel der Welt, als müsse unser Gegenüber bitte immer erst unsere Gefühle und danach seine eigenen beachten.
Ich stelle das besonders fest, wenn ein Freundeskreis sich dahingehend spaltet, dass die einen Kinder kriegen und die anderen nicht. Da ist das Unverständnis groß, wenn sich die Welt der gewordenen Eltern plötzlich hauptsächlich um das Wohlergehen des Kindes dreht und nicht mehr hauptsächlich um die Freunde. Dann regen sich die Freunde auf, weil sie es nicht nachvollziehen können einfach selber nicht mehr die wichtigste Person im Leben der gewordenen Eltern zu sein. Nun…das ist halt so. Gott sei dank ist das jeweilige Baby dann erstmal eine ganze Weile lang wichtiger, so ist es von Natur aus vorgesehen. Aber das gekränkte Ego und das innere verletzte eigene Kind schreien dann laut, weil sie glauben, dass sie es anders machen würden und kritisieren die Freunde, deren Fokus sich nun einfach verschoben hat, während man selbst vielleicht noch immer um sich selbst kreist. Generell ist das erwachsen werden für Freundeskreise ein schwieriges Unterfangen. Man trifft sich weniger und hat auch noch haufenweise Verpflichtungen. Die Zeit wird immer knapper und wo man früher laut schreiend drauf geschissen hat, wie man sich am nächsten Tag fühlte, wird das mit zunehmendem Alter doch wichtiger. Man will den Tag und nicht mehr nur die Nacht genießen, wird ruhiger und findet das sogar total schön. Aber nicht jeder „altert“ im gleichen Rhythmus und schon kommt es zu Diskrepanzen. Und dann versteht der Peter den Paul wieder nicht, weil der doch früher immer dabei war und heute gar nicht mehr Bier trinkend in der Kneipe sitzt. Oder die Ute urteilt über die Sabine, weil die ja früher eine viel coolere Socke war und man heute nichts mehr mit ihr anfangen kann. Traurig daran ist, dass sich Ute und Peter leider hauptsächlich selber sehen und nicht wirklich den anderen. Zwischendurch glauben sie, ihr Freund macht das alles absichtlich um sie zu ärgern und verstehen nicht, dass jemand anders es auch eben einfach anders macht. Ist ja schön, wenn man es selbst anders gemacht hätte, aber bringt einen hier nicht weiter. Würde Peter anstatt dessen mal sagen: Du Paul, ich vermisse unsere Zeit und auch unsere Freundschaft. Ich würd dich einfach gern mal wieder sehen. Auf was hast du Lust? Tja…da könnte sich ja Nährboden für eine Freundschaft 2.0 auftun. Oder die Ute stellt fest, dass sie eigentlich gern mit Sabine befreundet ist und man ja vielleicht doch noch was gemeinsam hat und öffnet sich dann auch mal für neue Möglichkeiten. Dann trifft man sich vielleicht mal nicht mehr in der Kneipe sondern macht zusammen einen Kochkurs oder geht in den Kletterwald.
Offenheit und Mut können helfen
Egal in welcher Rolle wir uns dabei wieder findem, wir können auch einen Vorschlag machen oder unseren Freund einfach mal offen fragen, sofern es uns wichtig ist zu retten was wir einmal hatten. Vor allem aber würde es uns helfen, wenn wir uns trauen würden, wirklich dazu zu stehen was wir fühlen und es dem anderen auch sagen. Denn dann täte sich sicherlich eine Lösung auf – in den meisten Fällen zumindest. Sprechen wir dann noch achtsam miteinander ohne uns gegenseitig fertig zu machen, dann entsteht daraus vielleicht sogar etwas ganz Neues. Aber oftmals scheint es, als wolle man das gar nicht. So viele Urteile habe ich schon gehört und durchaus auch selber gefällt, in denen es sich laut Motzkoffer bereits „erledigt“ habe, der Zug sei schon abgefahren. Man habe es sich lange genug angeguckt, es wäre zu spät. Ohne, dass der Andere davon überhaupt weiß. Ist das einfach nur feige oder ist es pure Angst? Egal was es ist, wenn man einen Vorwand braucht, um den anderen freundschaftlich abzusägen, weil man vielleicht wirklich nicht mehr viel gemein hat, dann ist das natürlich eine lösungsorientierte Methode. Ohne jemals den Konflikt eingegangen zu sein, beendet man das Thema. Versteht mich bitte nicht falsch, für alles gibt es auch immer Ausnahmen. Handelt es sich wirklich um eine eigentlich schlechte und unfreundliche Person, die einen mehr ausnutzt zum Beispiel, mit der man irgendwie aus den falschen Gründen befreundet war, darf man das sicherlich so machen. Oder wenn man es bereits versucht hat, aktiv und mit dem Wunsch, dass alles wieder gut wird, aber die Freundin beweist immer wieder, dass sie Eure Gefühle verletzt. Dann ist irgendwann auch mal gut. Aber bei all der Motzerei kommt meist einfach gar nichts heraus. Die pure Energieverschwendung. Und das sind ja nun nur die Themen in Verbindung mit anderen Menschen gewesen.
Negative Bewertung und Beschwerden
Hach wie großartig kann man sich beschweren, wenn einem einfach das Leben generell nicht passt: Zu warm, zu kalt, zu laut, zu nass. Alles kacke. Der Job nervt, die Kollegen auch. Die Wohnung zu teuer. Und selbst das was ich hier grade tue ist: Urteilen: Ich verurteile alle die, die am Laufenden Band negativ bewerten. Warum? Weil ich mich unter all der Flut nicht schaffe abzugrenzen, obwohl ich das doch so doll versuche. Aber was passiert? Ich finde mich auch im Motz-Modus wieder, obwohl ich diese Ausfahrt gar nicht mehr nehmen wollte. Sich mal Luft machen: okay. Aber immer wieder um dasselbe zu Kreisen ohne etwas zu ändern? Ne danke. Ich neige auch dazu, zu meckern. Richtig laut zu werden, mich aufzuregen. Es gab Zeiten, da habe ich das richtig gut gefunden, mich darüber fast schon definiert. Ich danke von Herzen, dass ich bemerkt habe wie destruktiv das ist. Aber es bedeutet Arbeit, wenn ich aus diesem Muster raus will. Und noch mehr Arbeit, wenn das Muster um einen herum so verbreitet ist. Also muss ich mal wieder Geduld beweisen, wohlwollend mit mir sein. Und auch mit anderen. Denn eigentlich brauchen wir einander. Und eigentlich haben wir nur nicht gelernt wie man vernünftig sagt, wie man sich fühlt. Also fange ich an: Ich fühle mich verzweifelt, wenn ich es nicht schaffe aus meinem eigenen Gemecker raus zu kommen. Und ich habe Angst, dass es schlimmer wird, wenn ich so unbedacht damit weiter mache. Ich habe Angst, was das für uns gesellschaftlich bedeutet, wenn wir so vieles Negativ sehen. Und ich habe Angst, dass ich selbst verurteilt werde, denn eigentlich wünsche ich mir nichts sehnlicher als mein Leben so zu leben wie ich es gern möchte und das mit der Unterstützung meiner Lieben und Freunde, die mir Rückenwind geben. So, jetzt seid ihr dran! Was wünscht ihr euch bei einem Problemthema in eurem Leben eigentlich am Meisten? Was kommt am Ende als Antwort, wenn ihr euch immer wieder selber fragt: Warum?
Tipps für einen besseren Umgang
Ich möchte diesen Beitrag aber dennoch mit ein paar unterstützenden Worten füttern, die uns dabei helfen können, aus der Motzerei auszusteigen. Und das erste was ich jetzt sage klingt vermutlich auch besonders paradox: Zulassen. Innerlich ist es am Ende doch sehr wichtig, wenn man aktiv bemerkt: aha okay, das regt mich grade auf und ich möchte jetzt gern laut darüber reden, meinem Groll Luft machen. Denn das Ganze zu vermeiden oder im Keim zu ersticken ist nicht korrekt und führt auch nicht zum Ziel, denn das ist wie einen Ballon immer wieder mit Luft zu füllen, jedoch keine Luft jemals abzulassen. Und irgendwann platzt er. Und ihr auch, vermutlich schreit ihr dann lauter und regt euch mehr auf, als ihr je die Absicht hattet. Wenn ihr also bemerkt: Da stört mich grad etwas und ihr würdet nun mit Urteil und Gemotze reagieren, lasst ihr es zwar zu, reagiert aber vielleicht nicht sofort automatisiert. Sondern sagt euch: alles klar, das hier geht mir grade nah. Dann habt ihr es aktiv respektiert, aber nicht einfach reagiert. Klappt natürlich nicht immer und erfordert auch eine gewisse Achtsamkeit mit sich selbst, aber das kann man üben. Achtsamkeit hilft uns, unseren Automatismus zu bemerken, ohne ihn zu beurteilen. Es ist also ratsam, mal wieder, liebevoll zu sich zu sein und sich nicht selbst runter zu machen. Wenn ihr also merkt, dass ihr euch aufregen wollt, könnt ihr euch einfach sagen: Aha. Interessant, hier will ich mich jetzt aufregen. Warum ist das so? Fühle ich mich angegriffen oder hilflos? Und kann ich für mich selbst auch anders darauf reagieren? Nutzt es mir oder schadet es mir eher? Es ist natürlich nicht in jedem Fall gleichermaßen möglich. Ein Beispiel: Ihr schiebt schon seit Tagen den Anruf bei Eurem Stromanbieter vor euch her, weil in der Abrechnung ein Wert steht, der nicht sein kann. Ihr entscheidet euch endlich, da anzurufen und landet in einer Warteschleife. Und nun regt ihr euch auf, dass ihr warten müsst. Total verständlich und leider auch völlig sinnlos. Hier könntet ihr durch Änderung der Sichtweise eine alternative Verhaltensweise etablieren: Ihr nutzt die Wartezeit aktiv, um eine Atemübung zu machen oder die Augen zu entspannen. Eine kleine Achtsamkeitsübung zu machen vielleicht. Eventuell schafft man es irgendwann sogar, sich fast schon über eine Wartezeit zu freuen, weil man diese Mini-Pausen so gern nutzt.
Natürlich gibt es auch gänzlich andere Motzkoffer-Situationen, in denen sowas nicht möglich ist. Dabei spielen auch andere Menschen eine Rolle. Es ist natürlich gut und wichtig, nicht auf jede Kleinigkeit zu reagieren, aber seine Grenzen zu kennen oder zu bemerken ist für sich selbst ungemein wichtig. Macht ein Kollege zum Beispiel immer wieder dieselbe vielleicht abwertende Bemerkung und tarnt es als Scherz, kann ich das vielleicht 1-2 mal als Energieverschwendung abtun, darauf zu reagieren. Bemerke ich für mich aber, dass es mich aufregt und ich mich darüber ärgere ist es hier vielleicht auch mal genauso wichtig, diese Energie an der richtigen Stelle raus zu lassen. Motze ich natürlich nur hinter seinem Rücken bei meinen anderen Kollegen darüber wird das nicht unbedingt helfen. Aber ich kann hier meine eigene Grenze akzeptieren und ihm das mal deutlich sagen: Sag mal, was soll das? Was willst du mir damit sagen? Warum redest du so mit mir? Es stört/verletzt mich, wenn du das immer wieder machst, bitte hör damit auf! Nicht alles muss man mit sich selbst aus machen. Es ist genauso wichtig, auch mal seine Grenzen klar zu kommunizieren und für sich selbst einzustehen. Natürlich kann ich mir auch mal Luft machen, in dem ich mit jemand Drittem darüber spreche, aber im Kern ist es sinniger und auch deutlich mutiger an die richtige Person gewandt zu sagen, was los ist. Total super wäre es natürlich so erhaben zu sein, das sogar noch freundlich oder zumindest neutral zu kommunizieren. Aber ich finde, man muss sich ja auch nicht überfordern.
Und dann kann man sich natürlich auch noch zurück ziehen, wenn man vielleicht nur von unschönen Energien und meckernden Menschen umgeben ist. Auf der Arbeit ist das natürlich nicht immer möglich. Aber privat schon und da darf man sich selber auch mal priorisieren. In einem meiner liebsten Songs „Change of Thoughts“ von Jugglerz, Gentleman und Konshens heißt es: „take care of the energy u keep around“ und ich glaube, das ist wichtig, besonders wenn man sensibel auf diese negativen Energien reagiert. Dann darf man sich selbst auch mal erlauben, sich zurück zu ziehen und nein, ich muss nicht alle bekehren oder mich rechtfertigen, mein Verhalten erklären. Es ist nicht mein Aufgabe, es ist ganz wichtig die Verantwortung für das Verhalten anderer abzugeben. Reflektieren muss sich jeder schon selbst. Aber wenn mir das auf den Wecker geht, erlaube ich mir auch mal, mich daraus zu ziehen. Und am besten um die eigene positive Sichtweise zu unterstützen ist natürlich Unterstützung von anderen. Also Menschen, die einem ähnlich sind, das Leben leichter nehmen möchten, sich begeistern können, sich weiterentwickeln. Menschen, die vielleicht von sich aus eine positive Sicht auf das Leben haben und sich generell lieber freuen als ärgern wollen. Die sich nicht darüber definieren, wie laut sie heute über jemand anderen gemeckert haben. Auch Social Media kann da mal unterstützend wirken, wenn man den richtigen Kanälen folgt.
Zuletzt möchte ich euch noch den wertvollsten Tipp geben, den ich immer wieder selbst vergesse, grade wenn ich grumpy as fuck bin: Sport bzw. ein Ausgleich. Bitte unterschätzt nicht, wie wichtig es ist, einen Ausgleich für Euch zu schaffen wo ihr euch mal richtig auspowern könnt, euren Frust raus lassen und richtig ausflippen könnt. Für die eigene Gelassenheit und damit für das Gleichgewicht ist das so elementar. Ich zum Beispiel kann das gut, wenn ich tanze – nur für mich aber durchaus als eine Art Workout. Dabei kann ich all die Energie meiner Wut nutzen und sie in Bewegung – gerne in richtig kräftige Tanzschritte – umwandeln. Meinem Frust mal Raum geben und ihn dabei ziehen lassen, um mich danach deutlich leichter zu fühlen. Damit habe ich dann auch anerkannt und zugelassen, was mich aufregt, habe mir eine Situation nochmal vorgestellt, habe es gespürt und in Bewegung gebracht.