In den letzten Wochen ging es bei mir auf Instagram hauptsächlich um das Thema Vertrauen und wie wir aktiv darauf einwirken können. In unserer Gesellschaft verankerte Strukturen, eigene Glaubenssätze, aber auch Erfahrungen und Enttäuschungen in unserem Leben führen uns oft weg von unserem Vertrauen. Vertrauen in uns selbst und Vertrauen in das Leben und in die Welt. Aus diesem Mangel heraus versuchen wir im Außen etwas zu finden, was uns tief im Inneren fehlt. Wir können fabelhafterweise jedoch aktiv etwas für unser Vertrauen tun und wieder eine tiefe Verbindung zu uns selbst und unserer Umwelt herstellen. Wir können lernen, wieder mehr ins Vertrauen zu kommen – je nachdem wo wir es grade am meisten benötigen. Denn wenn wir uns unserem Leben vertrauensvoll zuwenden können, bedeutet das Leichtigkeit. Der Druck und die Enge, die uns so oft im Alltag begleiten, werden weniger und wie fühlen uns leichter und zuversichtlicher. Besonderes Hauptaugenmerk lege ich in diesem Zusammenhang – klar wenn man weiß was ich grade tue 🙂 – auf Yoga, also darauf, wie wir insbesondere mit Yoga auf unser Vertrauen einwirken können. In diesem Beitrag möchte ich alle Erkenntnisse und Infos der letzten Wochen noch einmal zusammen tragen.
Was ist Vertrauen?
Vertrauen bedeutet, von der Richtigkeit einer Situation überzeugt zu sein und auch in schwierigen Zeiten gelassen zu bleiben. Ein Teil unseres Vertrauens ist durch unser Naturell angeboren, ein anderer Teil wird durch unsere Erfahrungen beeinflusst. Der Teil, den wir schon in den ersten Lebensmonaten erlangen heißt Urvertrauen. Dieses entsteht durch die verlässliche Befriedigung der Bedürfnisse eines Babys. Sind wir noch ganz klein, können wir nicht für uns selbst sorgen und sind vollkommen ausgeliefert. In dieser Zeit entsteht auch unser Urvertrauen und hängt davon ab, wie gut unsere Bezugsperson unsere Bedürfnisse erkennt und sie befriedigt. Es handelt sich um ein Grundgefühl, welches wir vermittelt bekommen und ist die Grundlage für das Vertrauen in die Welt und uns selbst. In der Kindheit entstehen auch die meisten unserer manifestierten und noch im Erwachsenenalter wirkenden Glaubenssätze – sowohl positive wie auch negative. Sie sind das, was wir tief in uns verankert über uns selbst glauben und bilden die Grundlage für unser Selbstvertrauen. Vertrauen in uns selbst bedeutet, an sich selbst und die eignen Fähigkeiten zu glauben, den Mut zu haben etwas zu bewirken und zu wissen, wer man ist. Es befähigt uns, nicht alles persönlich zu nehmen und gut mit Kritik umgehen zu können. Wer sich selbst vertraut, übernimmt Verantwortung für sich selbst und erfährt dadurch auch Selbstwirksamkeit – eine großartige Eigenschaft, die uns vom Opfer der Umstände zum Schöpfer macht.
Manche unserer Glaubenssätze wie z.B. nicht gut oder wichtig genug zu sein, führen uns weg uns selbst. Die Verbindung zu uns, unseren Werten, unserer Seele geht mehr und mehr verloren – auch über unseren Körper gehen wir oft einfach hinweg. Über unser Selbstbewusstsein können wir lernen, wieder mehr in Kontakt mit uns selbst zu kommen, indem wir uns selbst zunächst wieder bewusst werden. Wünscht Du Dir nicht auch, genau zu wissen wer du bist und wo du hin willst? Möchtest Du Dich auch auf Dich und Deine Fähigkeiten verlassen können und Verantwortung für Dich übernehmen? Hier können wir mit Hilfe von Yoga ansetzen und uns wieder mehr – zunächst über unseren Körper und unsere Atmung – mit uns selbst verbinden.
Yoga und Vertrauen
Im Yoga ist Vertrauen ein Prozess, der sich aktiv entwickelt. Zu vertrauen kann hier sicherlich auch bedeuten, in all unseren menschlichen Emotionen seinen Sinn zu sehen und daran zu glauben, dass sie uns irgendwo hin bringen werden, wo wir zuvor noch nicht waren. Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit und so zeigt sich ein misstrauischer Geist auch in unserem Körper: Er ist verspannt, unsere Haltung ist eher eingesunken und auch unser Atem geht flach und ungleichmäßig. Großartig ist hieran, dass wir aktiv auf unseren Körper einwirken können. Mit Hilfe von Asanas kräftigen wir unsere Muskulatur und bauen Stück für Stück mehr körperliches Vertrauen auf und lösen unsere Verspannungen. Das wiederum wirkt sich im Laufe der Zeit auch auf unseren Geist aus und so erzeugen beide Instanzen eine Wechselwirkung. Prana – unsere Lebensenergie – wird erhöht.
Wir geben uns selbst durch verschiedene Übungen Halt und bemerken, dass wir uns auf unseren Körper verlassen können. Asanas für Gleichgewicht, Hingabe und alles, was die Bauchmuskulatur stärkt helfen uns, mehr ins Vertrauen zu kommen.
Durch Gleichgewichtsübungen wie den Baum stärken wir unser Selbstvertrauen, auch in stürmischen Zeiten in deiner Mitte zu bleiben. Die Krähe ist auch eine schöne Haltung zu diesem Thema, denn hier tragen wir uns selbst auf Händen. Die Kindshaltung oder eine satte Vorwärtsbeuge sind Stellungen der Hingabe, die unser Urvertrauen stärken können. Wir lassen los, lassen uns fallen oder hängen, der Boden und unser Körper tragen uns. Krieger 1 und 2 – auch als Helden bekannt – repräsentieren den Mut, für uns selbst einzustehen. Durch die aufrechte Haltung werden Körper und Geist stabilisiert, wir stärken neben dem Glauben an uns selbst auch unsere Intuition, Hingabe und Geduld. Die Basis ist stabil, der Herzraum geöffnet, furchtlos blicken wir nach vorn auf das, was wir erreichen wollen. Asanas wie das Boot oder Brett (Plank) kräftigen die Bauchmuskeln, welche besonders im Fokus stehen. Durch sie fühlen wir uns selbstsicherer und stärker, wenn wir eine gute Festigkeit unserer Mitte erlangt haben.
Auch Atemtechniken – im Yoga Pranayama – helfen uns, unser Vertrauen zu stärken und Einfluss auf unseren Geist zu nehmen. Indem wir tiefer und bewusster atmen, beruhigen wir uns – denn der Atem hat einen unmittelbaren Einfluss auf unser Nervensystem. Eine tolle Atemtechnik ist die Wechselatmung. Dabei verschließen wir abwechselnd das rechte Nasenloch mit dem Daumen der rechten Hand, während wir durch das linke Nasenloch einatmen und verschließen dann das linke Nasenloch mit dem Ringfinger, während wir durch das rechte geöffnete Nasenloch ausatmen. Dann atmen wir durch das rechte Loch ein und links wieder aus. Diese Übung wirkt ausgleichend, beruhigt die Nerven und schafft somit eine gute Grundlage für mehr Vertrauen.
Ebenso können wir uns auf unsere Chakren konzentrieren. Dies sind entlang der Wirbelsäule befindliche 7 Knotenpunkte für bestimmte Energien & Gefühle. Wir fokussieren 2 davon, wenn es um Vertrauen geht: das Nabelchakra und das Wurzelchakra. Das Wurzelchakra steht für Stabilität und wir fördern damit unser Urvertrauen. Stehhaltungen wie die Krieger oder der Stuhl sind besonders gut geeignet, um die Energie des Wurzelchakras zu balancieren. Das Nabelchakra repräsentiert unsere Mitte und damit Willenskraft und Durchsetzungsvermögen. Asanas wie das Boot und der Schulterstand sind hier besonders gefragt. Durch unsere Chakren fließt Prana – unsere Lebensenergie. Jedes Chakra ist physisch mit Drüsen und Organen verbunden. Wir können körperliche und geistige Blockaden lösen und so mehr in unsere Kraft kommen.
All diese wunderbaren Möglichkeiten nutzen allerdings wenig, wenn wir sie nicht umzusetzen wissen. Ich kann es nur aus eigener Erfahrung weitergeben: Sich dabei anleiten zu lassen ist unglaublich wertvoll und bringt einfach unendlich viel mehr, als unwissend selbst irgendwas zu probieren. Selbst, wenn ich einiges nun bereits selbst kann und auch vieles weiß, ist es für mich weiterhin am Schönsten und auch am effizientesten, wenn ich mich anleiten lasse. Denn da vertraue ich dann auf den Lehrer und kann mich ganz fallen lassen – ohne ständig mit meinem Verstand alles zu analysieren. Natürlich entsteht hier jetzt auch Werbung in eigener Sache – denn jap: Ich werde, wenn es gut läuft, selbst dieses Wissen als Yoga-Lehrerin weitergeben wollen und Menschen zeigen, wie sie es sicher umsetzen können. 🙂 Und ich würde mich total freuen, wenn es anderen hilft und ebenso viel bringt wie mir.
Wie bleibe ich dabei?
Im Vertrauen zu bleiben ist unter anderem auch eine Entscheidung. Mit Achsamkeit (jap – mal wieder) darüber, wann wir zweifeln und diese Enge spüren, können wir zunächst bemerken, dass wir einem alten Muster folgen und uns dann für eine andere Alternative entscheiden. Unser Mindset ist dabei nicht zu unterschätzen und der Wille ebenso wichtig wie stetiges Üben. Über den Körper kannst Du hier auch ohne Yoga zu praktizieren eingreifen:
Atme tief in deinen Bauch, zähle dabei gerne bis 4 während der Einatmung und ebenso bis 4 während der Ausatmung, beruhige deinen Atem und so auch deine Nerven. Mache dies für einige Minuten und versuche dich möglichst auf die Atmung zu konzentrieren – wie sich deine Bauchdecke hebt und senkt, wie sich der Luftzug an Deiner Nasenspitze anfühlt, wie Du sitzt oder stehst und wie deine Haltung dabei ist. Richte dich gerne bewusst dabei auf. Du kannst Dich auch wie ein Superheld hinstellen, um deine Haltung zu unterstreichen: Du stehst aufrecht, Brust raus, Deine Beine sind mindestens hüftbreit, gerne weiter, geöffnet. Deine Hände stemmst du in die Hüften, Schultern zurück und dein Blick geht herausfordernd nach vorn, gerne leicht nach oben. Sich selbst dann zu sagen: „Ich möchte vertrauen“ oder einfach „Ich schaffe das!“ verstärkt die Wirkung noch. So bleibst Du so lange stehen, bis Du dich ruhiger und sicherer fühlst.
Hast Du gerade nicht die Möglichkeit, dich so hinzustellen, reicht auch die Fingerübung aus einem meiner vorherigen Beiträge. Diese bezog sich auf Frieden, kann hier aber – ebenso gut und deutlich weniger auffällig als der Superheld – dienen um Dich an Deine Entscheidung für mehr Vertrauen zu erinnern. Anstatt die Fingerspitzen jeweils an die Daumenspitze zu tippen und „Frieden beginnt bei mir“ zu sagen oder zu denken, sagst du: „Ich (Zeigefinger tippt an Daumen) bleibe (Mittelfinger) im (Ringfinger) Vertrauen (kleiner Finger). Und auch hier ist Geduld gefragt, vielleicht hilft es Dir sofort in deiner Situation, vielleicht ist es aber auch nötig, dass Du ein wenig übst und dich Stück für Stück darauf einlässt, damit diese kleinen Tools ihre Wirkung entfalten können.