Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit einem etwas weiter gefassten Thema und zwar, wie ich in schwierigen Situationen bei mir bleibe – wie also mein Fokus bei mir bleibt und ich einen Konflikt oder eine Herausforderung so ausrichte, dass ich mich darauf besinne, bei mir und meinen Vorsätzen zu bleiben. In unterschiedlichen Situationen hat man meist verschiedene Modi, auf die man zurück greift und besonders, wenn man sich angegriffen fühlt, schießt man häufig recht unreflektiert zurück. Aber auch, wenn eine Erwartung einfach nur enttäuscht wird oder grade einfach zu viel um uns herum los ist, reagieren wir gerne schon mal genervt oder unfreundlich. In diesem Post möchte ich gerne darauf eingehen, wie es Euch gelingen kann, in solchen Situationen mehr bei Euch zu bleiben und nicht einfach nur zur reagieren.

An dieser Stelle starten wir mal nicht mit einem Sprichwort (falls Ihr die letzten 2 Beiträge gelesen habt, wisst Ihr was ich meine )– also hab ich mir einen anderen Aufhänger überlegt und zwar ein Mantra, das lautet: „Frieden beginnt bei mir“ Ich kenne es von der wundervollen Laura Malina Seiler und es ist eine alte Übung, um die Kundalini-Kraft in uns zu wecken – eine in uns schlafende Kraft beschrieben in den tantrischen Schriften. Es handelt sich hier nicht nur um ein Mantra sondern auch um eine Fingerübung. Dabei legt Ihr bei jedem Wort die Spitze eines Fingers an den Daumen. Ihr beginnt mit dem Zeigefinger und legt ihn an den Daumen, wenn Ihr sagt oder auch nur innerlich denkt: Frieden. Dann folgt der Mittelfinger zum Wort „beginnt“, der Ringfinger zu „bei“ und der kleine Finger für „mir“. Diese Übung soll Euch – wie der Inhalt schon sagt – Frieden schenken und gibt euch die Möglichkeit einen Augenblick inne zu halten bevor ihr reagiert. Dieser entstehende Raum des Innehaltens ist voller Möglichkeiten, denn in diesem Moment könnt ihr aus Eurem Automatismus aussteigen und überlegen, wie ihr reagieren möchtet. – Aber der Reihe nach:
Fühlt Ihr Euch auch manchmal bei Kleinigkeiten angegriffen, fühlt Euch gekränkt, wenn jemand einen Kommentar ablässt, der vielleicht gar nicht persönlich gemeint war oder seid einfach nur von einem bestimmten Verhalten eines anderen enttäuscht, weil ihr euch eine andere Reaktion gewünscht hättet? Und dann greift Ihr Euer Gegenüber direkt an, indem ihr vielleicht ebenfalls einen noch blöderen Kommentar platziert, sein Verhalten durch den Kakao zieht oder diskutiert und Euch rechtfertigt? Wäre ja alles halb so wild, wenn Ihr nicht im Nachgang noch so ein unzufriedenes Gefühl mitschleppen würdet. Gedanken, wie dass Ihr es vielleicht besser machen wolltet, Euch abgrenzen wollt vom Verhalten anderer oder gar mit gutem Beispiel voran gehen möchtet. Mir passiert das am häufigsten auf der Arbeit. Da bin ich sowieso in einem riesigen Automatismus gefangen und bemerke zuerst kaum, wie ich reagiere. Ich arbeite in der Telefonie und je nachdem was so los ist, wird mein Verhalten gemäß Tageslaune unreflektiert durchgewunken. Aber grade hier bemerke ich häufiger – natürlich erst hinterher – dass ich mich eigentlich gern anders verhalten hätte. Die Kollegen regen sich über diverse Themen aktiv und immer wieder auf und ich finde mich selbst mittendrin wider, sogar am lautesten motzend – obwohl ich mir vorgenommen hatte mich nicht immer mit dem gleichen Ärger zu befassen. Oder eine Kollegin sagt zu mir: Reg dich nicht auf – obwohl ich vielleicht grade eine lustige Anekdote zum Besten geben wollte. Dabei ärgere ich mich dann, dass sie mich scheinbar völlig anders wahrnimmt als ich grade auftreten wollte und fange an, darüber zu diskutieren. Oftmals geht es hier um mein Selbstbild vs. das Fremdbild. Da gibt es dann eine Unstimmigkeit und ich reagiere gekränkt und feuere ab, was mir grad in den Sinn kommt. Dabei mach ich dann einen blöden Kommentar, werde sarkastisch oder anderweitig unfreundlich. Aber das, was dem zu Grunde liegt und was ich eigentlich lieber gesagt hätte, das erfasse ich erst später. Kennt Ihr das?
Mir hilft es dann, bewusst einzuatmen und mir selbst zu sagen: Ich bleibe bei mir. Oder die Fingerübung und das Mantra „Frieden beginnt bei mir“. In diesem Augenblick, in dem ich kurz inne halte, habe ich die Möglichkeit, meine Reaktion bewusst zu steuern.
Damit das Ganze recht schnell geht und Ihr dann nicht in Überlegungen vergeht, ist es total wertvoll so manches über sich selbst schon vorher zu wissen oder sich irgendwann die Zeit genommen zu haben, um sich über ein paar Grundprinzipien klar zu werden. Dazu gehören auf jeden Fall die eigenen Werte. Was ist Euch wichtig, wonach richtet ihr Euch aus? Wofür möchtet Ihr einstehen auf dieser Welt, wie möchtet Ihr sein? Werte können so etwas sein wie Ehrlichkeit, Authentizität, Freundlichkeit, Fairness, Wohlwollen oder Mut. Es gibt noch unendlich viele Werte für die Ihr brennen könnt. Googelt einfach mal, was es für Werte gibt. Ruft Euch eine Liste von Werten auf und schreibt Euch ein paar auf, die sich für Euch richtig anfühlen. Wenn es dabei mit Euch durch geht, weil Ihr einfach viele Werte ansprechend findet, dann nehmt sie zunächst gern alle in Eure ganz eigene Werte-Liste auf. Dann schaut Ihr euch das noch einmal an und streicht nach und nach ein paar weg, die vielleicht einem anderen Wert sehr ähneln, so dass Ihr am Ende Eure Big 5 zusammen habt. Grundsätzlich ist es natürlich wunderbar, so viele Werte wie möglich vertreten zu wollen, aber um sich in Momenten des Alltags zu besinnen, reichen erstmal 5 aus, um es sich selbst nicht so kompliziert zu machen. Generell könnt Ihr Euch beim Feststellen Eurer Werte auch überlegen, was Euch sonst wichtig ist. Zum Beispiel beim Kommunizieren: Mögt ihr es vielleicht, Dinge mit Humor oder einer Prise Ironie zu nehmen? Oder ist es für Euch wichtiger, höflich zueinander zu sein? Oder ist es vielleicht auch besonders notwendig, wenn Ihr zu Eurer eigenen Meinung steht und diese vertretet, auch wenn Ihr Angst habt abgelehnt zu werden? Gibt es Situationen, die sich ähneln und immer wieder auftreten? Dann analysiert diese Szenarien und überlegt Euch, wie Ihr Euch fühlen möchtet. Wie Ihr reagieren könntet, um mehr Ihr selbst zu sein. Und wenn dann eine ähnliche Situation statt findet, hilft Euch das „bei sich bleiben“ Euch daran zu erinnern, wie Ihr eigentlich reagieren möchtet. Man kann aus dem Verteidigungs-Modus, in dem wir uns so oft befinden, aussteigen und neu wählen. Anstatt Euch selbst zu sagen, dass Ihr bei Euch bleiben wollt, könnt ihr Mantra-mäßig auch Euren angestrebten Wert beim Ein- und Ausatmen innerlich wiederholen. Das erinnert uns daran, warum wir das ganze tun, warum wir nicht einfach unbedacht handeln möchten und was uns wichtiger ist. Natürlich ist es hierbei – wie immer – total wichtig, Eure eignen Gefühle zu respektieren und diese anzuerkennen. Aber wenn Ihr Euch schon gut kennt und wisst, dass ihr vielleicht an der ein oder anderen Stelle zu heftig als für die Situation angemessen reagiert, könnt ihr Eure beispielsweise aufflammende Wut interessiert zur Kenntnis nehmen, müsst aber nicht auf Ihrer Grundlage basierend handeln.
All diese kleinen Möglichkeiten sind nichts anderes als Achtsamkeitsübungen im Alltag. An oberster Stelle hierbei steht, Euch selbst nicht für Euer Verhalten oder gar Eure Gefühle – egal wie heftig sie auch sein mögen – abzuwerten, sondern eine wohlwollende und neugierige Haltung einzunehmen. Zu viel Bewertung ist dabei nicht zielführend, denn wir sind alle nur Menschen und können nicht allem erhaben sein. Viel wichtiger ist es, sich selbst zu beobachten und interessiert auf alles einzugehen, was aufkommt. Und sich dann auszuprobieren. Hier möchte ich auch nochmal betonen, dass es immer wieder Situationen geben wird, in denen Euch auffällt, dass es vielleicht nicht oder nur teilweise geklappt hat. Aber das ist vollkommen in Ordnung, wir geben unser Bestes aber verzeihen uns selbst auch mal einen schlechten Moment, Tag oder Monat. Denn auch wenn Ihr eine eigene Reaktion auf etwas beeinflussen möchtet, sagt das Mantra selbst ja schon aus, dass es im Außen nicht funktionieren wird, wenn ihr es im Inneren nicht fühlt. Es gibt auch Tage, da kämpft man gegen sich selbst, kann nicht so gut akzeptieren wie man sich fühlt und es fällt schwer Wohlwollen aufzubringen. Und auch das ist okay. Dies ist beispielsweise etwas, was ich selbst immer wieder neu lernen muss. Ich bin angetrieben davon, es besser machen zu wollen, fühle es innerlich aber nicht und werte mich dann selber für mein „Versagen“ ab. Es ist vielleicht die größte Kunst genau hier „Frieden beginnt bei mir“ für mich zu wiederholen und es friedvoll zu akzeptieren, dass ich ihm Zeit geben darf um zu mir zu kommen und dass ich bis dahin auch mal locker lassen darf.
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