Ich sitze im Flugzeug auf dem Rückweg unseres Urlaubs in Thailand und überlege, wie ich die kommende Woche strukturieren möchte. Drei Wochen sind voller Entspannung und Spontanität vergangen und ich liebe das. Höchstens ein bisschen Planung light kam vor. Im Alltag hingegen halse ich mir tendenziell zu viele To-Dos auf einmal auf, die ich dann noch künstlich mit einem selbst gemachten Druck so aufblähe, dass ich schon gar keine Lust mehr darauf habe. Obwohl es sich inhaltlich meistens ausschließlich um schöne Vorhaben handelt. Auch die Verplanung von Wochenenden schon fast 1 Jahr im voraus – auch wenn es Feste und Hochzeiten sind – stressen mich manchmal mehr, als dass ich richtig Lust darauf habe. Kein Platz mehr für Spontanität. Nicht genug Zeit scheint mir zumeist eines der Probleme zu sein, die sich dann zeigen. Aber stimmt das wirklich? Oder kann ich das doch soweit in den Griff kriegen, dass es mich wieder erfreut?
Termine, Termine, Termine
Es ist nicht ungewöhnlich, in unserem heutigen Alltag viel zu tun zu haben. Im Gegenteil, wir erlegen uns immer mehr auf und finden das irgendwie auch richtig so. Wir rennen von einem Termin in den nächsten, auf dem Weg dort hin erledigen wir noch kurz ein paar Kleinigkeiten nebenbei und kommen gehetzt am Ziel an. Wir sind oft unter Zeitdruck, werden nervös oder durchaus auch mal viel zu schnell sauer und reagieren gereizt. Am wohl häufigsten kann man das im Verkehr beobachten, da ist niemand mehr ganz entspannt unterwegs. Besonders bei uns in NRW, wo es täglich so viele Staus gibt, dass es uns vorkommt als wohnten wir in unserem Auto. Für uns ist es ganz normal geworden, dass der Tag irgendwie zu wenig Stunden hat. Und an unseren Wochenenden – wenn wir denn ein solches haben – finden dann eben die Feiern statt in der Hoffnung, dass so viele Freunde und Verwandte kommen können wie irgend möglich. Da aber nun jeder bereits einen vollgestopften Terminkalender hat, ist hier Voraussicht nötig. Sonst laufen wir ja Gefahr, dass die Hälfte der eingeladenen Gäste nicht kommen kann.
Gerne wird auch mal eine Umfrage per Whatsapp umher geschickt – gerade wenn ein Treffen in näherer Zukunft gewünscht ist. Sonst kommt man ja kaum noch zusammen. Bei der Umfrage stimmt man dann ab und wenn sich ein Termin findet, an dem zumindest die Mehrzahl kann, wird dieser festgelegt. Hat man dagegen etwas Größeres vor – wie heiraten – dann plant man mindestens 1 Jahr im Voraus. Und das nicht nur wegen der Gäste – nein. Wegen dem Catering, dem DJ und der Location, denn die haben ja auch schon Dates bis in das kommende Jahrzehnt und man muss weitsichtig sein, wenn man was Gutes haben will. Ist das verrückt? Ja vermutlich schon ein wenig.
Ich frage mich durchaus, ob das eine eher selbst kreierte Hölle ist oder ob es tatsächlich nicht anders geht. Der Gedanke kam mir vor einiger Zeit im Disneyland Paris, wo eine abendliche Show zu Ehren eines Jubiläums stattfand. Mit Projektoren und musikalischer Unterstützung wurde das Schloss beleuchtet und so zum leben erweckt. Es war großartig, ich war zu Tränen gerührt. Ich hatte auch gut etwas sehen können, dafür stand ich aber bereits – Achtung – 3 Stunden zuvor vor dem Schloss, um mir einen Platz zu reservieren. Die Zeit hätte man so gut mit etwas anderem verbringen können, z.B. Achterbahn fahren oder Eis essen. Aber leider fängt meist einer damit an – ähnlich wie bei dem reservieren von Pool-Liegen. Und das führt dann dazu, dass der Rest der Leute mehr und mehr unter Druck gerät, schließlich will jeder einen guten Platz haben. Die Verteilung würde aber hier ebenso gut stattfinden, wenn wir uns alle erst kurz vorher einfinden würden. Deshalb frage ich mich: Ist dieser Quatsch überhaupt nötig? Ich sehe natürlich ein, dass so etwas wie eine Hochzeit durchaus etwas anderes ist, schließlich bedarf es hier einiger Planung. Es soll ja ein herrlicher Tag werden. Trotzdem: Ist es wirklich nötig, dass wir uns schon gefühlte Jahre im voraus Termine eintragen und an Schlangen anstellen?
Wie plane ich für mich am Besten?
Die besten Dinge gelingen trotz allem aber nur, wenn wir uns natürlich ein wenig vorbereiten. Wenn wir uns Zeit nehmen, etwas vernünftig anzugehen. Wenn wir planen und strukturieren. Wenn wir unsere To-Dos priorisieren. Deshalb kann es durchaus nützlich sein, Vorhaben zu planen – insbesondere wenn sie uns wichtig sind, wenn ein großes Event ansteht oder auch, wenn wir ein definiertes Ziel erreichen wollen. Die auf dem Weg zum Ziel zu erledigenden Aufgabeneinzuteilen und Schritt für Schritt anzugehen, gestaltet das Vorhaben viel übersichtlicher. Was dabei zusätzlich einen Unterschied macht: sich selbst zu kennen und zu wissen, wie und wann man selbst am Besten arbeitet. Wie viel schaffe ich an einem Tag? Was kann ich gut durchhalten, was eher nicht? Wie lange brauche ich wofür?
Eine realistische Einschätzung gelingt mir ehrlich gesagt bisweilen eher selten. Insbesondere bei der Frage, wie lange ich für einen Task benötige,bin ich am Ende nicht selten völlig enttäuscht. Vor allem, weil ich weiß, dass es Menschen wie meinen Partner gibt, die das tatsächlich viel schneller schaffen als ich. Aber auch hier hilft leider – wie bei dem meisten andern auch – der Vergleich mal so gar nicht. Es gilt sich selbst gut einschätzen zu können. Und dafür dürfen wir uns gerne mal eine Weile beobachten und rückblickend bewerten, was gut geklappt hat und was eher nicht. Wir dürfen uns erst einmal ausprobieren und dann erst Prioritäten zu setzen. Das ganze halten wir dann ganz wertfrei zunächst schriftlich fest und schauen uns nach einer festgelegten Testphase an, was wir aufgeschrieben haben. In diesem Zusammenhang ist aber noch etwas anderes grundlegend: Mache ich das, was ich da alles vorhabe, gerne? Oder habe ich mal so gar keinen Bock darauf? Ich gebe zu, das zu differenzieren ist für mich manchmal gar nicht so einfach. Beim ein oder anderen hätte ich sicherlich Lust, aber in Anbetracht der Anzahl an To-Dos, kann das mit der Motivation schon mal schwierig werden, weil es aufgelistet einfach schon zu viele sind. Ähnlich wie bei einem Berg, den man vor sich sieht. Und weil man keine Ahnung hat, wie man die Spitze erreichen soll, fängt man gar nicht erst an. Aber Schritt für Schritt geht es ja eigentlich immer, wenn ich meinen Blick auf den Weg vor mir richte und nicht ständig zur Spitze blicke. So ist das hier auch, nur muss ich erst ein bisschen Ruhe in den Haufen bringen, indem ich ihn zu Papier bringe. Damit all das „Oh Gott, und das muss ich auch noch, und das auch…“ erst mal meinen Kopf verlässt. Und wenn ich das dann in der kommenden Woche unterbringe, sieht es oft schon gar nicht mehr so dramatisch aus. Pausen müssen ebenso geplant werden, wie vielleicht mal ein ganzer Tag zum Ausruhen. Damit es uns nicht zu viel wird und wir motiviert bleiben. Dabei wohlwollend mit sich selbst umzugehen ist dabei auch nicht schlecht – wenn also mal was nicht wie geplant funktioniert, sollte das auch nicht dramatisch sein. Im Gegenteil, daraus können wir wieder etwas lernen.
Individuell bleiben dürfen
Ich selbst bin ein Mensch, der sich nicht so gerne fest legt. Vor allem nicht weit im voraus. Das liegt zum Teil auch daran, dass ich nicht mehr wage abzusagen, wenn ich ein mal zugesagt habe. Mir also zu erlauben, zumindest bei manch vorgeschlagenen Treffen nur „vielleicht“ zu antworten fühlt sich wie eine Erlösung an. Okay, ich will ja niemanden vor den Kopf stoßen aber trotzdem muss ich meine eigene Wünsche auch berücksichtigen dürfen. Und wenn die eben lauten, dass ich mich nicht festlegen will, dann darf ich mir das auch mal erlauben und Spontanität aufleben lassen. Mal zu sagen: „Ich weiß es noch nicht, ich überlege es mir“ oder „Ich möchte das gerne spontan entscheiden, okay?“
Mich selbst zu kennen und zu wissen, wodurch ich unter Druck gerate und meine Individualität dabei zu akzeptieren – egal wie das bei anderen ist – das ist ein Luxus, dem ich jedem sehr empfehlen kann. Auch wenn das sicherlich ein Prozess ist.