Mindful Müll

Ist Dir in Deiner Umgebung auch schon einmal aufgefallen, dass leider immer mehr Müll zu finden ist? Habe ich einmal damit angefangen, darauf zu achten wird es mir manchmal ganz schwer ums Herz und ich frage mich: Wie konnte es soweit kommen? Wieso werden wir dem Abfall unseres Konsums nicht Herr und wieso gibt es noch immer so viel Unachtsamkeit zu diesem Thema? In der DACH-Region haben wir das Problem sogar noch verhältnismäßig gut im Griff. Unsere Müllabfuhren sind gut organisiert, Städte und Gemeinden räumen auch Müllberge ohne zugehörigen Besitzer weg, öffentliche Plätz werden geräumt ohne dass wir aktiv etwas dazu beitragen müssen. Natürlich bezahlen wir dafür Steuern, habe ich aber einmal gesehen wie es anderswo aussieht, wo es vielleicht kein so gut organisiertes Netz für dieses Thema gibt, zahle ich sie gerne – nichts lieber als das. Wie aber können wir selbst etwas dazu beitragen, anstatt nur mit dem Kopf zu schütteln?

„Life in plastic, it’s fantastic“

Aus dem Blickwinkel von heute haben wir es echt verkackt wenn es um Verpackungen bzw. Verpackungsmaterial geht. Praktisch und auch billig produziert ist das gern genutzte Plastik unserer Zeit. Wir sind so auf unseren Vorteil und unsere Faulheit bedacht, dass wir die bereits von der Natur gegebenen Verpackungen kaum bemerken oder nutzen. In Asien sah ich zum ersten Mal, dass jemand etwas bereits vorhandenes nutzt, um Speisen einzupacken. Dort sind viele Menschen ärmer als in Europa. Dadurch sind einige aber auch sparsamer, wenn es möglich ist werden Speisen in Bananenblätter eingepackt. Dass eine Banane wiederrum eine eigene Hülle hat ist uns hierzulande irgendwie nicht richtig bewusst. Wir kaufen noch eine Plastikbox in Form einer Banane, um sie zu schützen – natürlich nicht zuletzt vor Quetschungen und damit braunen Stellen. Ich erinnere mich im Geschäft eine bereits geschälte – dafür aber in Plastik eingepackte Ananas gesehen zu haben und zugegeben, damals dachte ich: Oh das ist aber praktisch. Denn meist benötigt man einige Muskelkraft zum Schälen, ganz zu schweigen von der riesigen Sauerei.
Das ist geschätzte 11 Jahre her, aber leider hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet, hatte mich noch gar nicht damit auseinander gesetzt. Schlussendlich hatte ich nicht über meinen Tellerrand hinaus geschaut – ich war einfach daran interessiert Zeit zu sparen, um Arbeit und nebenberufliches Studium unter einen Hut zu bringen. Kritisch hinterfragen oder mich mit meinen Werten auseinander setzen? Das waren damals böhmische Dörfer für mich. Und genau das versuche ich mir heute vor Augen zu halten, wenn ich mich innerlich anfange über die Unachtsamkeit anderer Menschen aufzuregen. Denn genau von dort komme ich und es war keine böse Absicht.

Aufklärung ist das A und O

Wichtig ist zu berücksichtigen, dass wir alle aus unterschiedlichen Verhältnissen kommen. Dazu zählen nicht nur unsere verschiedenen persönlichen Interessen sondern auch Bildung, familiäre Zugehörigkeit, Wohnort, Herkunft, Reichtum, Armut, Zugang zu Wissen und nicht zuletzt die Stufe unserer Entwicklung. Ich kann aus vollkommen gleichen Verhältnissen stammen und trotzdem eine völlig andere Sicht auf dieses Thema haben, als mein Nachbar oder sogar mein Bruder. Und besonders wichtig ist dabei das Stillen unserer Grundbedürfnisse. Denn während einige von uns bereits die höchste Stufe der Maslowschen Pyramide erreicht haben und nach Selbstverwirklichung streben dürfen, leiden andere Menschen auf unserer Erde noch Hunger und wissen nicht, wie sie den morgigen Tag überleben sollen. Diese Menschen haben sicherlich keinen Gedanken für die Müllsituation übrig und das ist mehr als verständlich. Dies sollte uns stets bewusst sein, wenn wir über andere und deren Verhalten in dieser Hinsicht urteilen. Auch wenn es so schlimm vielleicht nicht immer ist, trotzdem steht derjenige vielleicht nicht auf der selben Stufe wie wir. Hier müssen wir ansetzen und erstmal ein Bewusstsein für dieses Thema schaffen. Wir müssen das Thema Müll aktiv in unsere Bildung aufnehmen und sowohl jahrelange Bürger ebenso wie neue Zuwanderer vernünftig darüber informieren. Die Städte und Gemeinden sind selbst für diese Aufklärung verantwortlich und behelfen sich meist dazu mittels eines Merkblattes in den verschiedensten Sprachen, was sicherlich ein guter Anfang ist. Aber nur ein Merkzettel dazu reicht vielleicht nicht unbedingt. Es könnte Pflichtveranstaltungen dazu geben, die es zu besuchen gilt, um tatsächlich einen Austausch stattfinden zu lassen und eventuelle Fragen zu klären. Wir müssen versuchen, liebevoll ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir den Boden auf dem wir gehen auch wertschätzen. Schließlich geht es im Kern genau darum: Um Wertschätzung. Wie wir mit unserer Erde umgehen, was wir dafür tun können, dass sie unser zu Hause bleiben wird.

Gesundheit

Im Grunde geht es bei dem Thema Unrat eben auch um unsere Gesundheit und die unserer Erde. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung und nicht zuletzt „normales Aufkommen“ an Naturphänomenen verschlimmern das Problem des Mülls noch zusätzlich. Starke Stürme und Gewitter ebenso wie Flutkatastrophen. Ich komme aus einem Gebiet, wo das Wasser im letzten Jahr deutlich zugeschlagen hat. Ich bin unendlich dankbar, dass mir und meiner Familie nichts geschehen ist und dass alles ersetzbar ist, was Schaden genommen hat. Als es aber vorbei war und ich an der Volme entlang ging wurde mir bewusst, wie viel Abfall all das Wasser mitgerissen hatte. Und erst da fing ich an darüber nachzudenken, dass nicht nur unendlich viel Müll erst durch die Flut entstanden war, sondern zudem auch noch eine erhebliche Menge unbeachtet fort geschwemmt wurde. So vieles von Regenschirmen über Plastik-Gartenmöbeln bis hin zu Kinderspielzeug lag im Flussbett oder hing in den Sträuchern und Bäumen drum herum. Es entstand ein hilfloses Gefühl in mir, was mich dazu veranlassen wollte, einfach die Augen zu verschließen.
Auch durch meine Reise durch Südostasien verfolgte mich das Thema auf Schritt und tritt. Während eines Ausfluges mit dem Boot in Bali schwamm so viel Unrat um uns herum, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Ich fragte den Kapitän, weshalb nicht alle Boote die raus führen mit Keschern ausgestattet waren, um zumindest einen Teil einzusammeln. Er antwortete sehr ernüchternd: Das Problem entsteht schon an Land: dort wisse man nicht wohin mit dem ganzen Müll. Auf der Insel entstehe einfach zu viel, viele Einheimische verbrannten ihn selbstständig in ihren Gärten – inklusive giftiger Gase die dabei entstehen. Das roch man nicht nur, es hing auch entsprechend lange in der warmen, feuchten Luft. Der Rest des Abfalls kippe man hin und wieder ins Meer, denn man habe einfach keinen Platz erklärte der Kapitän. Deshalb sei es auch ein hoffnungsloses Unterfangen, den Müll einsammeln zu wollen, denn er würde mit größter Wahrscheinlichkeit wieder im Meer landen.

Clean Ups und Organisationen

Viele Organisationen, Surf-Schulen und Freiwillige haben aber die Hoffnung nicht aufgegeben, im Gegenteil. Nirgendwo habe ich mehr gut organisierte Angebote für Beach Clean Ups gesehen als in Bali – ob öffentlich oder privat organisiert. Einige Surf-Schulen zum Beispiel boten sogar noch eine kleine Belohnung in Form von Getränken nach dem Clean Up an. So tat man etwas Gutes und Nützliches und konnte danach noch Kontakte knüpfen oder sich nett unterhalten. Generell kann man so das angenehme mit dem nützlichen verbinden. Um die Verunreinigung zu reduzieren gab es dort auch eine schier unendliche Auswahl an Auffüll-Stationen für Trinkwasser, an denen man seine Flasche wieder auffüllen konnte, um nicht so viel Plastikmüll zu verursachen. Man kann dort beispielsweise eine Flasche von „Trash-Hero“ www.trashhero.org kaufen und an deren Refill-Stationen dann kostenlos mit Wasser befüllen. Organisationen wie diese können uns auch weiterhelfen, wenn wir an einen Ort kommen, der total vermüllt ist. Nicht selten finden wir solche Ort in unserem Urlaub vor, an einem Wasserfall oder in einer Bucht vielleicht. Wir wollten uns einen wunderschönen Ort angucken und werden leider von Müllbergen überrascht. In solch einer Situation wird man besonders wütend aus der Hilflosigkeit heraus. Um auch hier etwas tun zu können, googeln wir mal nach Verbänden vor Ort und wir werden ganz bestimmt fündig. Wir können beispielsweise Fotos schießen und per Mail an diese Vereinigung schicken, um darauf aufmerksam zu machen, dass es da einen Ort gibt der vielleicht für ein nächstes Clean Up oder ähnliches gut geeignet ist.
Auch hier gibt es solch großartige freiwillige Organisationen wie z.B. das Ruhr Clean Up www.ruhrcleanup.org. Nicht nur, dass wir uns dort anmelden können, um an einer Aufräum-Aktion gemeinsam mit anderen teilzunehmen, nein. Wenn wir möchten können wir uns auch als Organisator eintragen und selbst ein Clean Up organisieren. Auf www.worldcleanupday.de finden wir eine weitere Möglichkeit uns nützlich zu machen, indem wir gemeinsam als Welt an einem bestimmten Tag gemeinsam aufräumen. Unter www.cleanupnetwork.com können wir nach Städten sortiert Vereine zum Unterstützen finden, wie zum Beispiel „tinyteenyhands“, die sich zur Aufgabe gemacht haben, Umweltbildung für Kinder zugänglich zu machen.
Zudem gibt es mittlerweile einige Plattformen wie www.mängelmelder.de oder www.buergermeldungen.com. Dort können Bürger*innen ihre Anliegen online weiter geben, so auch vermüllte Flächen oder gefundene Müllsäcke an Straßenecken. Sogar die App „Mängelmelder“ kann man sich kostenlos für Android und IOS herunterladen. Eine Möglichkeit für das Melden von Mängeln finden wir auf jeder Internetseite einer Stadt, sowohl in Deutschland als auch in Österreich und der Schweiz. Wien zum Beispiel hat auch eine eigene App namens „Sag’s Wien“ für solche Meldungen. Natürlich sei dazu gesagt, dass die Gemeinden dies auf freiwilliger Basis wegräumen, aber so können wir darauf aufmerksam machen und einen Beitrag leisten. Und das sind nur einige von ganz vielen Beispielen, wie wir aktiv etwas dazu beitragen können, dem Müll den Kampf anzusagen. Ich spreche leider mit so unfassbar vielen Menschen, die sich über diese Situation beschweren, die aber die Verantwortung für das Thema gänzlich abgegeben haben. Die wollen sich dann nur mal eine Runde darüber aufregen. Was ich durchaus nachvollziehen kann, so reagieren wir zumeist als Erstes. Aber viel kraftvoller ist dann die Frage: Was kann ich dagegen tun? Gibt es etwas, was ich machen kann damit es besser wird? Denn so verschieben wir den Fokus auf das Schöpferische, auf Lösungen und Möglichkeiten. So können wir etwas gegen dieses hilflose Gefühl und den Groll unternehmen, die uns heimsuchen, wenn wir darüber sprechen. Wir können unsere Aufmerksamkeit auf Lösungen richten und Kleinigkeiten für eine bessere Zukunft beitragen. Natürlich zweifeln wir zuerst, weil wir glauben, dass wir kaum etwas ausrichten können. Aber ist nicht überhaupt etwas zu unternehmen besser als Nichts zu tun? Wenn jeder einzelne von uns nur ein paar Kleinigkeiten beisteuert – etwas spendet, sich an einem Clean Up beteiligt, bei jedem Spaziergang durch den Wald eine Tüte mitnimmt und etwas einsammelt oder einfach nur ab und zu etwas aufhebt, was er vor sich auf seinem Weg sieht, wäre die Welt sicherlich schon ein deutlich sauberer Ort. Kleinvieh macht auch Mist und auch an zunächst hoffnungslos wirkenden Flächen nicht einfach mit geschlossenen Augen vorbei zu gehen, weil „es sich nicht lohnt etwas aufzuheben, weil es einfach zu viel ist und das eine auch nichts bewirkt“. Wenn wir mit gutem Beispiel voran gehen und es uns schlichtweg nicht egal ist, dann kann jeder einzelne von uns etwas bewirken.

Hallo Sonnenschein!

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2 Gedanken zu „Mindful Müll

  • 21. März 2022 um 14:41 Uhr
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    Wahre Worte! Mir war gar nicht so bewusst wie viele Möglichkeiten sich inzwischen auch hier im DACH Raum bieten das Müllproblem (selbst) anzugehen.
    Danke für diesen informativen Beitrag 🙂

    Antwort
    • 24. März 2022 um 10:19 Uhr
      Permalink

      Hallo Markus, dankeschön für Deine Rückmeldung. Ich freue mich sehr, wenn Du etwas mitnehmen konntest 🙂 Liebe Grüße

      Antwort

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